DER BLICK IN DEN BRUNNEN
oder
DEM INNEREN REICHTUM ‚BEINE MACHEN‘
Ein Einsiedler schöpft Wasser aus einem Brunnen. Ein Vorübergehender fragt ihn, warum er denn so für sich lebe, was er davon habe. Seine Antwort an den Fragenden: Schau in den Brunnen – was siehst du? Irritiert die Antwort: Ich sehe nichts – nur bewegtes Wasser.
Als der Einsiedler den Menschen an seiner Seite nach einiger Zeit auffordert, nun noch einmal in den Brunnen zu schauen, tut er dieses nur zögernd. Dann erstaunt die Antwort: Ich sehe mich! Das ist die Antwort, die ich dir geben kann, entgegnet der Einsiedler. Im Stillhalten, wenn die „Wogen“ zur Ruhe gekommen sind, können wir uns erkennen. Im „Zur-Stille-Kommen“ erkennen wir uns.
Die Stille ist wie die spiegelnde Wasserfläche
in der Tiefe des Brunnens.
Dieses ‚In-den-Spiegel-schauen‘
muss nicht unbedingt erhebend sein,
es kann auch unangenehm sein.
So ist es ja auch beim Blick in den wirklichen Spiegel.
Es ist sehr viel erhebender,
seinem ausgeruhten, frischen und lachenden Gesicht
als dem unausgeschlafenen,
müden und mürrischen Ausdruck zu begegnen.
Unangenehmem weichen wir aus,
weil wir nicht so recht wissen,
wo wir damit bleiben sollen.
Also vermeiden wir alles,
was uns damit in Berührung bringen könnte.
So wird auch ‚Zur Stille kommen‘ vermieden.
Dagegen setzen die Zeit des Advents
und schließlich auch das Weihnachts-Fest
ihre Botschaften.
Die alten Texte vom Advent sprechen
von der inneren Einkehr
und den manchmal auch belastenden Entdeckungen
aus solcher Einkehr.
Die Verheißung von Weihnachten spricht von der Freude, in die sich die Belastungen „‚verwandeln‘.
Im Bild der (belasteten) Hirten
wird diese Erfahrung verdichtet:
Sie kehrten um, priesen und lobten Gott ….
So sind die alten Bilder
Symbole für Fest-Stimmung und -Freude.
Auch sprechen die alten Texte von einer tiefen Sehnsucht nach ‚Einheit mit Gott‘.
Sie gilt es zu erkennen und wach zu halten,
damit sich die Sehnsucht
nicht in unkontrollierbarer Konsum-Unersättlichkeit
zu ‚erfüllen‘ versucht.
ANSTÖSSE
In dem Film ‚Mein Leben ohne mich‘ sagt die vom nahen Tod gezeichnete Protagonistin Ann sinngemäß: Der ganze Konsum soll uns nur davon ablenken, an den Tod zu denken.
Die Tiefe adventlicher Botschaft erkenne ich nur vor dem Hintergrund meiner eigenen Endlichkeit.
Viele denken in dieser Zeit auch daran, wie und wem sie mit einem Geschenk eine Freude machen können. Im Sinn-Bild vom Besuch der ‚Drei Weisen‘ im Stall von Bethlehem breiten diese Geschenke aus. Sie drücken damit ihre Freude und ihre Beziehung zu dem Beschenkten aus.
Sehe ich Geschenke als Ausdruck für Freude über ein wesentliches Ereignis in meinem Leben und was möchte ich mit meinem Geschenk dem Beschenkten sagen?
Pater Anselm Grün setzt in einer Betrachtung äußere Armut und inneren Reichtum in Beziehung.
Vielleicht macht ‚lahmender Konsum‘ dem inneren Reichtum „Beine“?
Wir könnten diese Zeit des Advent auch mit dem Bild eines ‚Kokons’ vergleichen,
in dem die ‚Puppe’ der Verwandlung entgegen ruht.
Von ihrer zukünftigen Existenz hat die ‚Puppe’ keine Vorstellung.
Advent ist ‚stille Zeit’, sie ist Zeit der Erwartung.
Unsere Erwartungen sind sehr unterschiedlich.
Vordergründig oder tiefgründig.
Benennbar, vielleicht nicht auszusprechen.
Im ‚Kokon’ beginnt die Verwandlung.
Heimlich sich gestaltend.
In der Advent-Zeit beginnt
– heimlich sich gestaltend –
die ‚Verwandlung’.
Überraschend.
Das kommt ja gut an!
Ich wünsche eine gesegnete Zeit der Stille und der Freude.
Die alten Texte zum Advent setzen unterschiedliche Akzente.
IMPULSE ZUM NACHSINNEN
ERWARTUNG – Impuls zum 1. Advent
ERMUTIGUNG – Impuls zum 2. Advent
VERÄNDERUNG – Impuls zum 3. Advent
BEGEGNUNG – Impuls zum 4. Advent
ADVENTLICHER KOKON – Predigt zum Advent
‚DAS KIND STIRBT NIE!‘ – Eine Einstimmung zum Advent.
HERKUNFT UND BOTSCHAFT DES ‚ADVENT-KRANZES‘ – HOFFNUNGS-ZEICHEN