Beten

Von | 31. Mai 2014

 BETEN IST EINE TÜR, DIE NACH INNEN FÜHRT

 Geburt

Plötzlich ist das Gebet in den Mittelpunkt von Betrachtung und Gespräch geraten. Papst Franziskus hat den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas und den israelischen Präsidenten Schimon Peres zum gemeinsamen Gebet am Pfingsttag nach Rom eingeladen. Beide haben zugesagt. So werden Christ, Muslim, Jude – Zugehörige der drei monotheistischen Religionen – miteinander beten.  

Berührung unterschiedlicher Art gibt es nach dieser Nachricht breit gestreut. Sie findet Ausdruck von  tiefer Bewegung bis Skepsis. Beten ist etwas sehr Intimes und das Beten kennt eigentlich nicht eine solche ‚Öffentlichkeit‘. Dennoch stellt sich – nicht immer ausgesprochen – die Frage, was das Beten eigentlich bedeutet.

Eine solche Frage stellt sich nie ‚ergebnisoffen‘, ist die Frage doch schon durch unterschiedliche Erfahrungen geprägt. Diese reichen von ‚Einengung‘ bis ‚Euphorie‘. Für mich ist es von Bedeutung, die Erfahrung gemacht zu haben, dass es  beim Gebet um eine Beziehungs-Gestaltung geht. Im Gebet drücke ich meine Beziehung zu ‚Gott‘ aus. Gebet ist nicht durch bestimmte ‚wohlfeile‘ Worte definiert – Gebet ist eine Haltung, die sich natürlich auch in Worten ausdrücken kann. So gesehen ist diese ‚Haltung‘ auch einzuüben, wie wir auch andere Haltungen gelernt haben. ‚Die Muskeln der Innerlichkeit‘ wollen trainiert sein, habe ich einmal gelesen. 

Meine  mich bewegende Erfahrung ist, dass sich im Gebet wirklich eine mich verändernde Haltung ereignen kann. In Momenten der Verwirrung, der Entscheidungsunfähigkeit hat mich ‚betendes Schweigen‘ verändert. Meine Sicht auf ein Problem erhielt zum Beispiel eine andere Richtung. Vordergründiges trat in den Hintergrund und Hintergründiges wurde erkennbar. Im Gebet also trete ich innerlich mit der Instanz in Kontakt, die in jedem Menschen ihren Platz hat. Im Gebet wird eine Grundsehnsucht belebt, die wir spirituell als ‚Nähe zu Gott‘ bezeichnen.

Die Gebets-Praxis Jesu ist beispielhaft. Häufig wird berichtet, dass er sich allein an einsame Orte zurückzog. Das unter-streicht die Intimität, dieses innersten Vorgang. So ist auch sein Hinweis zu verstehen, sich zum Gebet in das ’stille Kämmerlein‘ des eigenen Herzens zurückzuziehen.


Im Gebet ohne Worte ruhen wir im einfachen Bewusstsein: Gott ist. Er ist da. Wir denken nicht darüber nach, wer oder was er sei, sondern wurzeln ein in ihn als einen festen Grund.
Jörg Zink, aus ‚Dornen können Rosen tragen‘ – Ruhen in Gott, Kreuz-Verlag


Beten ist eine faszinierende Möglichkeit jedes Menschen, sich zu überschreiten, sich zu verlassen und dabei doch ganz bei sich zu bleiben. Beten ist eine Tür, die nach innen führt, in einen Raum absoluter Stille, in ein ‚Allerheiligstes‘, das jeder Mensch in sich hat. Eine Tür, die nur angelehnt und immer offen ist.
Klaus Hofmeister, Redakteut Pubblik Forum Extra, ‚Die Schule des Betens‘, Ausgabe 2/2006.


9 Darum sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch geöffnet.
10 Denn wer bittet, der empfängt; wer sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird geöffnet.
11 Oder ist unter euch ein Vater, der seinem Sohn eine Schlange gibt, wenn er um einen Fisch bittet,
12 oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet?
13 Wenn nun schon ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gebt, was gut ist, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten.
Lukas-Evangelium 11, 9-13


Hier wird in einem Bild der Prozess verdeutlicht, der sich in dieser ‚innersten Begegnung‘ ereignet. Bitten, Suchen, Anklopfen sind Ausdruck von Aktivität, die zu einem Ergebnis führt: Empfangen, Finden und Öffnung. Darüber hinaus wird in einem Bild eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass weder Gebete noch ihre Auswirkungen in irgendeiner Weise hinterhältig sein können.


 

Frieden

Beten ändert nicht die Welt. Aber den Menschen – und der ändert die Welt.


Darin bildet sich auch die Hoffnung an ein Gebet in Rom ab. Es gehe darum, „von Gott das Geschenk des Friedens zu erflehen„, hatte der Papst gesagt. Dieses Geschenk wird sich im Bewusstsein von ‚Bitten, Suchen und Anklopfen‘ ereignen!  Es werden sich im ‚Finden und Empfangen‘ Türen eines veränderten Verständnisses öffnen. Es kann sich ereignen, was  in keinem ‚diplomatischen Gespräch‘ bisher möglich wurde. Pfingsten ist Symbol für eine ’neue Sprachfähigkeit‘!


Wer nach weiteren Hinweisen und Hilfen zur ‚Gebets-Praxis‘ sucht
Schule des Herzens
Regeln für ein ehrbares Handwerk


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