LEITWORT FÜR DAS JAHR 2014
‚Gott nahe zu sein ist mein Glück‘
Psalm 73,28
Beglückendes Bewusstsein
So kurz und prägnant das Leitwort für das Jahr 2014 auch ist – es stellt schnell die Frage, was denn überhaupt ‚Glück’ sei.
In unserem Leben taucht der Begriff ‚Glück’ in den unterschiedlichsten Zusammenhängen auf. Selbst im ‚Duden-Herkunfts-wörterbuch’ gibt es keine wirklich schlüssigen Hinweise. Dort finde ich: Glück – die Herkunft des seit dem 12. Jahrhundert bezeugten Wortes, das sich vom Nordwesten her allmählich im deutschen Sprachgebiet ausgebreitet hat, ist ‚dunkel’. Es werden aber in Verbindung mit dem Wort ‚Glück’ Begriffe wie ‚heil und selig’ genannt. Auch Aussagen wie ‚höhere Macht’ und ‚günstige Zufälle’ tauchen auf.
Das ‚Glück’-Verständnis heute beinhaltet die Tendenz, danach zu streben; mindestens sich um eine bestimmte Lebens-Sicht zu bemühen. Allerdings schaffen solches Streben und Mühen das Glück nicht selbst herbei. Eher führen sie meistens in die Nähe von Enttäuschungen und ‚Unglücklich-sein’.
Martin Luther geißelt dieses Streben schon zu seiner Zeit eindringlich: Er schreibt: ‚Wer Glück sucht, ist eingekrümmt auf sich selbst’. ‚Ein krummer Geist ist, wer in allen Dingen sich in sich selbst biegt und das Seine sucht’. Luther weiter: ‚Sie laufen hin und her, ermüden sich Tag und Nacht, sie wanken und sind unbeständigen Herzens, da das Herz nicht durch Werke Ruhe finden kann.’ Luthers Begriff für diese Haltung ist ‚zappeln’. ‚Er zappelt und hält nicht still sein Herz, sondern wappelt und schluttert hin und her. Darum kann Gott ihm nichts Gewisses geben, ebenso wenig wie du einem Menschen etwas geben kannst, wann er die Hand nicht still hält.’
Solche ‚Selbstverkrümmungen’ sind allerorten zu beobachten – nicht nur beim erwartungsvollen Ausfüllen des Lottoscheins und dem immer wieder enttäuschten ‚Wieder-Nichts!’-Ausruf. Wir alle sind diesem ‚Zappeln’ ausgesetzt und vermögen ihm nur schwer zu widerstehen.
Vielleicht ist damit der Zusammenhang von ‚Glück’ und ‚Gottesnähe’ schon andeutungsweise beschrieben. Die vorhandene ‚Nähe Gottes’ bedeutet doch, dass ich in meinem Leben diese Nähe zunächst einmal einfach annehme und mich nicht ‚abzappeln’ muss. Nicht einmal ‚verstehen’ muss ich sie. Wir kommen von Weihnachten und stoßen bei der Botschaft von der ‚Menschwerdung Gottes‘ auf ‚Unverständnis’ auf der einen und auf ‚vertrauensvolles Annehmen’ auf der anderen Seite.
Wer aber sich aus dem Bann der Selbstsorge befreit, wer sich also einfach ‚anvertraut’, ist frei und kann sich den ‚Schwingungen des Lebens‘ vertrauensvoll überlassen.
Ich nutze dazu gern das Bild von der ‚Wippe’. Die haben wir nicht nur vor Augen, sondern die meisten tragen auch das Erlebnis vom ‚Kribbeln im Bauch’ bei den Schwingungen von oben nach unten und von unten nach oben in sich.
Was hier physikalisch als Bewegung beschrieben ist, ist Abbild des ‚Sich-Überlassens’. Auf der Wippe überlassen wir uns den Schwingungen und passieren dabei fast unbemerkt immer wieder den ‚paradiesischen’ Punkt des ‚Gleichgewichtes’. Der steht für das ‚Gücks-Gefühl’. Nur indem wir uns dem Auf und Ab des Lebens überlassen, können wir solche Momente des Glückes erleben. Wenn wir sie auch nicht festhalten können, bleiben sie immer ‚ganzheitliches‘ Erleben.
‚Gott nahe zu sein ist mein Glück’ bedeutet: Indem ich mich so vertrauensvoll dem Leben überlasse, erfahre ich dieses Glück, weil Gott dieses Leben ist – ein ‚beglückendes Bewusstsein‘! Jesus von Nazareth hat sich vertrauensvoll diesem Bewusstsein überlassen und ist uns so Beispiel in autonomer Freiheit geworden. Sein ‚Glück‘ ist unser Glück!
Das Leitwort dieses Jahres ist der letzte Vers des 73. Psalms:
Ich aber – Gott nahe zu sein ist mein Glück. Ich setze auf Gott, den Herrn, mein Vertrauen.
Dieser Aussage geht eine Auseinandersetzung mit dem ‚frevelhaften Bemühen’ um das Glück und den entsprechenden Versuchun-gen voran. ‚Dann sann ich nach, um das zu begreifen; es war eine Qual für mich, bis in eintrat ins Heiligtum Gottes und begriff, wie das enden muss ….’ heißt es in dem Psalm.
‚Ins Heiligtum Gottes eintreten’ – ein gutes Bild für die schlichte Annahme: Gott ist Realität in meinem Leben. Oder im Bild von der Wippe ausgedrückt: Ich überlasse mich den Möglichkeiten des Lebens, in denen sich das ‚Heiligtum’ der Nähe Gottes ereignet!
So erhält ein arabisches Sprichwort seine Tiefe:
Glück besteht in der Kunst, sich nicht zu ärgern, dass der Rosenstrauch Dornen trägt,
sondern sich zu freuen, dass der Dornenstrauch Rosen trägt. *
Und dieser Wunsch für ‚beglückendes Bewusstsein‘ schließt sich an:
Aufmerksam bleiben für das ‚Kribbeln‘ der Gewissheit: Gott nahe zu sein ist mein Glück!
Nach Veröffentlichung meiner Gedanken gibt es diese Reaktion …
Mir fällt zum Thema Glück der Satz ein: Glück ist nicht, wenn Du kriegst, was du willst, sondern wenn du willst, was du kriegst… Ähnlich mit dem Rosenstrauch: Sich nicht über die Dornen ärgern, sondern über die Rosen am Dornbusch freuen.
Und zur Nähe Gottes habe ich das Bild von Eltern und Kind vor Augen: Das Kind kann den Eltern (zumindest gedanklich) nicht nahe kommen – es versteht schlichtweg oft nicht, warum die Eltern etwas so oder so machen.
Aber die Eltern sind dem Kind ständig nahe – verstehen, was sich im Kopf des Kindes abspielt, bevor das Kind es begreift. So ist Gott UNS unendlich nahe – aber wir Menschen sind GOTT unendlich fern.
Um sich die ‚Aufmerksamkeit für das Glück, Gott nahe zu sein‘ erhalten zu können,
bedarf es hin und wieder der erinnernden ‚Vergewisserung‘.
Dazu gibt es Hilfen.
Kompass-Worte
‚Perlen des Glaubens‘
Die Luther-Zitate stammen aus einem gehörten Beitrag in der Sendereihe ‚Glaubenssachen‘ des NDR-Kultur vom 17.11.13 –
‚Ach, das Glück!‘, Johann Hinrich Clausen, Hauptpastor St. Nikolai, Hamburg.
* Wer sich gern in unterschiedlichen Aussagen zum ‚Glück’ tummeln möchte: www.gluecksarchiv.de