Ecclesia semper reformanda –
Die Kirche muss sich
immer wieder verändern!
Martin Luther
Der Theologe und Publizist Jörg Zink wurde in fortgeschrittenem Alter gefragt, welche Vorstellung er zur ‚Gestalt der Kirche’ hätte. Er antwortete so:
‚Wenn ich beschreiben soll, was nach meiner Auffassung die Kirche in ihrer besten Gestalt sei, dann sage ich: Sie ist ein Wirtshaus, das am Weg steht, offen für jeden, der von der Straße hereinkommt, ein Haus, das für jeden, der durch die Tür tritt, einen Platz hat. Bank und Tisch und für jeden etwas zu essen und zu trinken. Ein Wirtshaus, indem es weder Kontrolleure gibt noch Rausschmeißer oder Geschäftsschlusszeiten.
Das zumindest sollen wir von unserem Urgleichnis, dem Gastmahl Jesu, gelernt haben, und etwas anderes sollten wir uns von vorneherein nicht vorstellen: Die offene Tür und das gemeinsame Essen, das Reden miteinander, das Zuhören und das Antworten, das Zurechthelfen, das Mutmachen für den weiteren Weg sind die Merkmale einer Kirche, die tut, was Jesus tat.
Und es sind Merkmale jedes einzelnen Christen, der nun das Amt übernimmt, einzuladen, ohne Grenzen und ohne Bedingungen, so, dass die Gestalt des einladenden Jesus sich an ihm abbildet’.
Jörg Zink, aus ‚Die Urzeit des Heiligen’
Glücklich die Kirche, die nie aufhört zu fragen,
die nie aufhört zu suchen.
Glücklich die Kirche, die sich selbst in Frage stellt,
die über sich selber lächeln kann.
Glücklich die Kirche, die Freiheit verbreitet aus ihrem Glauben,
die Freude ausstrahlt aus ihrem Leben.
Glücklich die Kirche, die den Menschen neue Zuversicht schenkt,
die den Frieden und die Gerechtigkeit in die Tat umsetzt.
Glücklich die Kirche,
die ein Ort der Menschlichkeit ist in einer unmenschlichen Welt,
sie könnte selber Modell sein für eine gute Zukunft.
Glücklich die Menschen dieser Kirche,
sie brauchen keine Angst zu haben,
von Gott und den Menschen verlassen zu sein.
Nach Psalm 1
Reformationstag
‚Richtkranz‘ auf der Kirche
Mit jedem Reformationstag steht die Kirche als Baustelle im Mittelpunkt.
Sinnbildlich flattern bunte Bänder am Richtkranz über der Gemeinschaft Kirche!
Dieser ‚Richtkranz‘ will an Irritation einerseits und an Orientierung andererseits erinnern!
‚Eine Baustelle signalisiert ja immer einen Aufbruch. Da ist schon längst geplant und vorbereitet worden und es gibt eine Vision oder am PC eine Animation, wie der Bau einmal aussehen soll. Nun fehlt also nur noch die Ausführung – ein spannender Prozess, oft mit allerhand Überraschungen verbunden.
Wir sind gespannt. Es gibt allerdings auch Dauerbaustellen. Da wandert das Gerüst alle paar Wochen ein Stückchen weiter; aber die Situation verändert sich nicht grundsätzlich und ein Ende ist auch nicht in Sicht. Als solch eine Dauerbaustelle ist zum Beispiel der Kölner Dom bekannt. Dort geht es um den Erhalt der Substanz und die Rettung vor dem Verfall für die kommenden Generationen.
So ähnlich ist es auch mit dem Inhalt der Kirche, der Botschaft des Evangeliums. Sie will weiter getragen werden von Generation zu Generation; sie soll vor dem ‚Verfall‘ gerettet werden und in ihrer tragfähigen Substanz erhalten werden. Und das möglichst verständlich und einleuchtend für unsere Zeit. Was gestern ‚moderne‘ Kirche war, ist heute altbacken, was uns heute geistreich und neu erscheint, wird später mild belächelt werden.
Phasen des Aufbruches wechseln mit Phasen des Rückzuges. Jede Gemeinde und die Kirche als Ganzes erlebt Umbrüche und Veränderungen. Jede Zeit muss und wird ihre eigenen Lösungen finden für die Ausdrucksformen des Evangeliums und für die Organisationsformen der Institution.
Die Grundsubstanz des Evangeliums ist allerdings witterungsbeständig gegen alle Stürme des jeweiligen Zeitgeistes. Denn das ist das Grundbekenntnis: Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen. Epheser 4, 5+6
An der passenden Form für diese Botschaft wird immer weiter gebaut werden.
Luther sagte einmal: ‚Ecclesia semper reformanda – die Kirche muss sich immer wieder erneuern‘.
Pastorin Elisabeth Fischer-Waubke
Gemeindebrief Kirche Maria Magdalenen Hamburg-Klein Borstel, Oktober 2010
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Im Jahr 2017 erinnerten wir uns
an die Reformation vor 500 Jahren!
Neue Entdeckung eines heilenden Kraftfeldes gegen
‚protestantische Nabel-Schau‘ …
Diese Playmobil-Figur hat die Bedeutung des Tages scheinbar heruntergespielt. Die Bedeutung liegt eben nicht allein in der Person des Reformators. Da gibt es wirklich ernst zu nehmende Hinweise, die Äußerungen dieses Menschen zu seiner Zeit äußerst problematisch zu sehen. So sehen jüdische Organisationen den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus auch in der Haltung von Martin Luther begründet. Auch seine Haltung zu zeitbedingten Ereignissen wie die ‚Bauernkriege‘ wird mehr als problematisch gesehen. Die Person des Reformators darf also entsprechend kritisch gesehen werden.
Dafür aber kann die Bewegung, die sich auf die ‚Freiheit eines Christenmenschen‘ bezieht, gar nicht groß genug geschrieben werden. Diese reformatorische Erkenntnis ist für unsere derzeitige gesellschaftliche Situation nach wie vor epochal.
Es stellt sich die dringende Frage, wie sich diese ‚Augenhöhe‘ in der Beziehung zu Gott heilend auf alles Krankhafte und lösend auf zerstörerische Abhängigkeiten auswirken kann. Dieser nun bei uns ‚verordnete Tag‘ muss die Stärke dieses Kraftfeldes in Gesellschaft, Religion und Politik verfügbar machen. Damit hat er in Angebot und Gestaltung einer ‚protestantischen Nabelschau‘ entgegenzutreten.
31.Oktober 2018
Ist mit der Kirche etwas anzufangen? Klaus Hamburger |
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