Hören nach Innen
12. Sonntag nach Trinitatis
Jesus verließ das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heißt: Öffne dich! Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.
Markus 7, 31-37
Was eigentlich öffnet?
Die ‚Verschluss-Sache Mensch‘ macht das Leben häufig schwierig. Keinen Zugang zu Menschen zu finden, ist unerträglich und löst Reaktionen aus Hilflosigkeit aus. Häufig sind es Wut und Aggressionen. Und diese wiederum verfestigen das Verschlossen-sein.
In der Erzählung drückt sich solche Hilflosigkeit aus. Alle Versuche sind fehl geschlagen, den Menschen ‚aufzuschließen‘. ‚Er macht einfach dicht!‘, würden wir heute vielleicht sagen.
Jesus nimmt ihn ‚beiseite‘. Einen Menschen aufzuschließen, in seine verletzte Seele vorzudringen, ist kein ‚öffentliches Ereignis‘. Es erfordert eine ‚intime‘ Begegnung. Dafür steht als Bild die Berührung der Zunge mit Speichel.
Dieses ‚Sich-Einfühlen‘ bedarf der ‚Instanz des Himmels‘. Nur in dieser Bindung ist die Autonomie geschützt und vor Manipulation und ‚Vergewaltigung‘ bewahrt. Die ‚Finger in die Ohren legen‘, ist seelsorgerlich: Abgeschirmt von allen Einflüssen von draußen, ist ‚Hören nach innen‘ möglich.
Bei ‚geöffnetem Himmel‘ gibt es ‚Öffnung‘ und ‚Lösung‘ – und das Leben kann (neu) beginnen!
Impulse
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Wo bedarf ich der Öffnung?
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Wo leide ich unter ‚Verschlossenheit‘?
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Was bedeutet es für mich, in schwierigen Situationen ‚Zum Himmel aufzublicken?‘
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Ein Lied: ‚Schweige und höre. Neige deines Herzens Ohr. Suche den Frieden.‘