Der Mensch denkt – Gott lenkt

Von | 1. Januar 2014

Anrede 1

Am Anfang des Neuen Jahres nehme ich diese Erzählung zum Anlass, den eigenen Weg des Suchens zu bedenken.


 

Die Magier aus dem Osten

1 Als aber Jesus zu Bethlehem in Judäa geboren war, in den Tagen des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise vom Morgenland nach Jerusalem, die sprachen:

2 Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist? Denn wir haben seinen Stern im Morgenland gesehen und sind gekommen, ihm zu huldigen.

3 Als aber der König Herodes es hörte, wurde er bestürzt und ganz Jerusalem mit ihm;

4 und er versammelte alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erkundigte sich bei ihnen, wo der Christus geboren werden solle.

5 Sie aber sagten ihm: Zu Bethlehem in Judäa; denn so steht durch den Propheten geschrieben:

6 `Und du, Bethlehem, im Land Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird ein Führer hervorkommen, der mein Volk Israel hüten wird.

7 Dann berief Herodes die Weisen heimlich und erforschte genau von ihnen die Zeit der Erscheinung des Sternes;

8 und er sandte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht genau nach dem Kindlein; wenn ihr es aber gefunden habt, so berichtet es mir, damit auch ich komme und ihm huldige.

9 Sie aber zogen hin, als sie den König gehört hatten. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er kam und oben über dem Ort stand, wo das Kindlein war.

10 Als sie aber den Stern sahen, wurden sie mit großer Freude erfüllt.

11 Und als sie in das Haus gekommen waren, sahen sie das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und sie fielen nieder und huldigten ihm; und sie taten ihre Schätze auf und opferten ihm Gaben: Gold und Weihrauch und Myrrhe.

12 Und als sie im Traum eine göttliche Weisung empfangen hatten, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren, zogen sie auf einem anderen Weg hin in ihr Land.

Evangelium nach Matthäus 2,1-12


Matthäus hat in seinem Evangelium diese Geschichte überliefert, die in einzigartiger weise die Universalität der Frohen Botschaft von Jesus Christus beschreibt. Er will unübersehbar aufzeigen, dass die Botschaft und das Leben Jesu Grenzen sprengend ist und niemals provinziell eingeschlossen sein will und darf. Sie gilt dir und mir persönlich und gleichzeitig der ganzen Welt! Alle sind in das Geschehen der Liebe Gottes einbezogen – innere und äußere Grenzen aufhebend.

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Die Sterndeuter sind Beispiel-Menschen für das Suchen und das Finden.

Zunächst sehen sie einen Stern. Eine Konfiguration von Sternen, meinen die Astronomen heute, habe einen überaus hellen Lichtpunkt am weiten Sternenhimmel ausgemacht. Und dieser helle Lichtpunkt in Zusammenhang gebracht mit einer Vision damaliger Zeit konnte nur dieses bedeuten: Ein König ist geboren.

Also machen sie sich auf den Weg. Eine ganz klare Entscheidung. Eine Wahrnehmung und ein Hinweis passen zusammen und es gibt diese Deutung, die nur zu dieser Konsequenz führen kann.

Das kennen wir. Wir nehmen etwas wahr und setzen es in Beziehung zu Erklärungen, die wir irgendwann einmal gehört, in uns aufgenommen haben. Wir setzen es in Handlung um, in Beurteilung, in Entscheidung. Davon ist unser Alltag, unser persönlicher und unser gesellschaftlicher gefüllt.

Manchmal ist es ganz klar. Wenn das Wasser kocht, ist es 100 Grad heiß und wenn es gefriert, ist es mindestens 0 Grad kalt. Das ist dann die Diagnose.

Das ist nicht immer so klar. Vor allem dann nicht, wenn Wahrnehmung auf eine sehr persönliche Erfahrung trifft, die keineswegs allgemein gültige ist; die Diagnose aber zur Allgemeingültigen erklärt wird und entsprechendes Verhalten abgeleitet wird.

So geht es unseren weihnachtlichen Gestalten. Sie finden zunächst nicht, was sie suchen. Dabei stand das doch so unverbrüchlich fest. Unauslöschlich hatte es sich eingeprägt: Wenn dieser helle Stern erscheint, dann musste, ja dann musste ein König geboren sein. Und zwar dort, wo Könige geboren zu werden pflegten: am Königshof.

Unverständnis und Unruhe sind die Folge. ‚Ein König? Hier? Unmöglich! Das wüssten wir doch. Nein, da irren sie sich. Da stimmt irgendwas mit ihrer Wahrnehmung nicht, schon gar nicht mit ihren diesbezüglichen Deutungen, hier einen neugeborenen König zu suchen. Das überprüfen sie man mal‘.

Unverständnis und alles nicht ohne gewisse Peinlichkeit.

Wir kennen die Irritationen, wenn die Rechnung nicht aufgeht und wir kennen auch die Peinlichkeiten. Wir kennen auch das Aufgeben mit dem sarkastischen: „War wohl nix“.

Und dennoch hinter den Kulissen: Aufgeregtheit. Das gezielte Suchen schafft Unruhe.

Allerdings die Aufgeregtheit ‚hinter den Kulissen‘ ist ja auch ein wichtiger Hinweis für unser Leben. Wo wir zutiefst davon überzeugt sind, dass unser Handeln sinnvoll ist, da kann es schon Unruhe geben. Wo wir unsere tief begründeten Überzeugungen leben, schaffen wir Bewegung, vielleicht auch Veränderung.

Eine tief begründete Überzeugung ist es, die alle Irritation überwindet. Sie lässt eben nicht aufgeben. Spätestens jetzt zeigt sich uns, dass in diesen drei spätweihnachtlichen Gestalten noch etwas ganz entscheidend Anderes passiert sein muss.

Es lohnt sich, das näher zu betrachten. Ein fiktives Interview könnte so verlaufen sein:


 Sie sind nach der Enttäuschung am Hofe des Herodes nicht umgekehrt. Warum eigentlich nicht?
Wir hatten die Information erhalten, dass wir den neugeborenen König in Bethlehem finden würden.

Das war doch eigentlich wenig überzeugend. Dieses Dorf Bethlehem dürfte ihnen wenig bekannt gewesen sein.
Das ist richtig. Dennoch: uns trieb eine tiefe Überzeugung. Als wir von den herbeigerufenen Schriftgelehrten den Hinweis erhielten, wurde uns ganz warm ums Herz.

Was hat sie so tief überzeugt? Sie hatten den Stern – mehr doch nicht.
Zunächst war da nur der Stern. Das stimmt. Während der langen Reise haben wir uns trainiert.

Trainiert?
Ja, wir haben uns trainiert, uns zu konzentrieren, unsere tiefe Sehnsucht wach zu halten. Wir haben immer wieder innegehalten und hinter uns gelassen, was uns zerstreuen könnte. Manchmal haben wir ganz lange geschwiegen, damit es auch in uns selbst ruhig wurde. Während der Reise gab es viel zu tun.

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Wir haben uns aber immer wieder Zeiten gewährt, in denen wir einfach alles aus der Hand legten. Und wir haben immer den Augenblick gelebt, um uns nicht von Erinnerungen oder großen Plänen ablenken zu lassen.

Das war ja dann eine fast meditative Reise.
Jedenfalls von Zeit zu Zeit. Und das hat unsere Sehnsucht, das zu finden, was unser Leben erfüllt, wach gehalten.

Das haben sie schon einmal gesagt. Ist denn ihr Leben nicht erfüllt? Immerhin sind sie doch angesehene und weise Männer.
Das ist schwer zu beschreiben, was uns letztlich auf den Weg brachte. Wir wussten es eigentlich erst, als wir in Bethlehem ankamen und dieses Kind in der Krippe vorfanden. Es war das Kind. Ja, dieses Kind war es.


Soweit dieses mögliche Interview.

Es ist meine tiefe Überzeugung, dass dieses das Geheimnis von Weihnachten ist: In der Begegnung mit dem Kind in der Krippe erfüllt sich unsere tiefste Sehnsucht, die nach Ganz-Sein, nach Heil-Sein sucht. In jeder Begegnung mit einem Wort aus der Schrift kann sich ein Stück paradiesischer Zustand des Ganz-Seins, des Heil-Seins erfüllen.

Es ist auch meine tiefe Überzeugung, dass wir auf der Suche nach dem Sinn unseres Lebens meditative Zeiten der Einkehr brauchen. Sie bringen uns die klaren Weisungen für unseren Weg, gerade auch dann, wenn wir mit unserem Kopf scheitern.

Und dafür brauchen wir Übung. Jesus hat es uns in seinem Leben vorgemacht, wenn er sich zum Beispiel in die Einsamkeit zurückzog. Und er hat uns bezeugt, dass er sich gerade in solchen Zeiten der Stille und der Konzentration mit seinen Kräften an uns bindet: ‚Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen’.

In dem Evangelium heißt es: Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen hin, bis dass er kam und stand oben über, wo das Kindlein war. Da sie den Stern sahen wurden sie hoch erfreut.

Die tiefe Sehnsucht erhält ihre Bestätigung. Eine wahre Sternstunde. Solche Sternstunden wünsche ich euch und mir. Und ich wünsche sie mir auch für die Menschen, die in Angst verwickelt sind und nicht frei sind, die befreienden Zeichen Gottes zu erkennen und anzunehmen.

 

Anrede2

Vielleicht mögt ihr in der Stille diesen Fragen nachgehen?

  • Auf welche ‚Zeichen‘ hin in meinem Leben habe ich etwas gewagt?
  • Wie ist es mir mit solchen Zeichen gegangen?
    Wo sind mir eigene ‚argwöhnische Gedanken‘ dazwischen geraten?
  • Was kann mich zum Wagnis ermutigen?

 

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