SICH BETEND ENTSCHEIDEN?
18. September 2009
15.September 2017
Welche Kriterien eigentlich bestimmen Entscheidungen?
Wir entscheiden von Augenblick zu Augenblick. Viele Entscheidungen gelten eben dem ‚Augenblick‘ – sie entwickeln aber ‚Nachhaltigkeit‘!
Sie wirken prägend eine längere Zeit, manchmal den ganzen Lebensweg.
Manche Menschen sind enttäuscht, weil ihre Entscheidungen nicht das gebracht haben, was sie sich vorstellten. Sie neigen dann dazu, aus ihren Misserfolgen Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. So ziehen sie Schlüsse: ‚Es hat alles keinen Sinn‚ – ‚Auf mich hört niemand …‚
Oder sie reduzieren auf ‚kleine Flamme‘: ‚Hauptsache gesund‚ oder ‚Hauptsache, das Geld stimmt‚ oder ‚Hauptsache Job‚. Wenn diese kleine Flamme aber verlöscht, dann ‚lohnt sich eben nichts mehr‚.
Wir stehen vor Entscheidungen. Es gilt zum Beispiel, politische Gremien zu wählen. Solche Entscheidung bestimmt Politik in unserem Land, in Europa und berührt globale Zusammenhänge. Oder: Wir stehen vor der Entscheidung, ungerechte Bedingungen zu benennen und Partei für die zu ergreifen, die unter ihnen leiden.
Immer gibt es auch Argumente, die unsere Entscheidungen zu beeinflussen versuchen und es gibt auch destruktive ‚Einflüsterungen‘, geboren aus oben genannter Resignation: ‚Es hat doch alles keinen Sinn‚, zum Beispiel. Andererseits werden auch wohlklingende, aber unrealistische Ziele genannt, die in die Falle argumentativer Reaktionsbildung führen.
Entscheidung in Freiheit
Der Apostel Paulus hat zu seiner Zeit sich auch mit Entscheidungen auseinandersetzen müssen. An Menschen in einer Entscheidungs-situation in Rom schrieb er vor etwa 2000 Jahren. Aus eigener Erfahrung entwickelte er eine Sicht, die Tendenzen widersprach, die in Abhängigkeit und Zwang führten.
Brüder und Schwestern! Wir stehen also nicht mehr unter dem Zwang, unserer selbstsüchtigen Natur zu folgen.
Wenn ihr nach eurer eigenen Natur lebt, werdet ihr sterben. Wenn ihr aber in der Kraft des Geistes euren selbstsüchtigen Willen tötet, werdet ihr leben.
Alle, die sich in dieser Weise vom Geist Gottes führen lassen, die sind Gottes Söhne und Töchter.
Der Geist, den Gott euch gegeben hat, ist ja nicht ein Sklavengeist, so dass ihr wie früher in Angst leben müsstet. Es ist der Geist, den ihr als seine Söhne und Töchter habt. Von diesem Geist erfüllt rufen wir zu Gott: »Abba! Vater!«
So macht sein Geist uns im Innersten gewiss, dass wir Kinder Gottes sind.
Wenn wir aber Kinder sind, dann sind wir auch Erben, und das heißt: wir bekommen teil am unvergänglichen Leben des Vaters.
Römer 8, 14-17
Diese Sicht ermutigt, den ‚Sklaven-Geist‘ zu verlassen und dem ‚Geist der Kindschaft‘ Raum zu geben. Seine Merkmale sind Erinnerung an Bindung, Wahrnehmen von Zusammenhängen, Vertrauen in die ‚unvergängliche‘ Kraft, lebensbejahende Visionen; Verantwortung und Mut im Handeln.
Für die bevorstehende Wahl ist dieser Aspekt von Bedeutung. Im Psalm 146 ist zu lesen
3 Verlasst euch nicht auf Fürsten,
auf Menschen, bei denen es doch keine Hilfe gibt.
4 Haucht der Mensch sein Leben aus
und kehrt er zurück zur Erde,
dann ist es aus mit all seinen Plänen.
5 Wohl dem, dessen Halt der Gott Jakobs ist
und der seine Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott, setzt.
Wahlentscheidung und das Programm einer Partei stehen unter gleicher Voraussetzung: Wohl dem, dessen Halt ‚Gott‘ ist und der seine Hoffnung auf den setzt. Diese ‚innere Ausrichtung‘ ist von großer Bedeutung. Sie bewahrt vor Manipulation und Abhängigkeit. Aus den vielen politischen ‚Statements‘ in diesen Tagen wäre diese Haltung herauszuhören. Wenn schließlich die eigene Entscheidung gefragt ist, sollte die innere Haltung bewusst sein.
Die Tatsache, dass in dem Psalm-Zitat der Plural verwendet ist, weist hilfreich darauf hin, dass wir Entscheidungen auch gern gemeinsam ‚betend‘ finden können.
Entscheidung
in den großen Sinn-Zusammenhang
stellen.
Das gelingt mit dem ‚Gebet‘.
So kann Wählen zu einer kritischen Liebes-Erklärung an die Demokratie werden!
Um in diese Bereiche vorzudringen, bedarf es der Stille und des Gebetes. Im Gebet nehmen wir Kontakt zum ‚Geist der Kindschaft‘ auf.
‚Die den Glaubenden zugemutete Mobilität ist Hinüber-Schreiten in die größere Lebensklarheit und in eine Heimat, in der noch niemand war‘, lese ich bei Fulbert Steffensky*.
Ich diesem Sinne wünsche ich uns ‚getragene‘ Entscheidungen.
Euer
* ‚Schwarzbrot-Spiritualität‘, Radius-Verlag
Erweiterter Aspekt zum Thema
Dilemma Entscheidung
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