‚FEUER‘, DAS DIE WELT VERÄNDERTE
Ich sitze zum Abendgebet in der ‚Kirche der Versöhnung‘ in Taizé (Süd-Frankreich)*. Mit mir viele tausend Menschen aus aller Welt.
Ich schaue in den Altar-Raum (Hinweis weiter unten!). Wie Segel sind orangefarbene Tücher gespannt. Ein leichter Wind durch die geöffneten Fenster lässt einige „Segel“ leicht flattern.
Der Altar-Raum der „Kirche der Versöhnung in Taizé (Frankreich)
Wenn Wind in die Segel eines Schiffes fasst, gerät dieses in Bewegung. Wo und wie können die gestaltenden Kräfte des Lebens in mir greifen? Sind meine Segel gespannt? Als ich nach draußen komme, weht ein starker Wind über den Hügel von Taizé. Wolken treiben über den Abend-himmel. Wie ein Zeichen! In Taizé werde ich immer neu sensibel.“ So habe ich in mein Reisetagebuch geschrieben. Wir haben Pfingsten gefeiert. Es ist das Fest des Leben spendenden Geistes in unserer Welt. Es ist der Geburtstag der Kirche. Wo dieser ‚heilige‘ Geist Menschen vereint, da ist Kirche. Dieser Geist ist da. Er ist allerdings so wenig zu sehen wie der Wind zu sehen ist. Wind sehen wir nicht, seine Auswirkungen aber spüren wir. So messen wir Windstärken nach Francis Beaufort an bestimmten Wahrnehmungen. Von Windstärke 6 sprechen wir zum Beispiel, wenn Bäume sich im Wind biegen. Auch für das Wirken des Geistes Gottes haben wir so etwas wie eine ‚Erfahrungs-Skala‘:
# Wo Menschen etwas gegen Resignation wagen.
# Wo Menschen in scheinbar ausweglosen Situationen Hoffnung finden.
# Wo die eigene schmerzhafte Lebensgeschichte rückschauend ihren Sinn erhält.
# Wo in bedrängenden Situationen statt der schnellen Lösung die Besinnung – zum Beispiel im Gebet- gesucht
wird.
# Wo Menschen in schuldhafter Verstrickung ihre Sehnsucht nach Ganz-Sein spüren und Vergebung möchten.
# Wo Menschen in den Tiefpunkten ihres Lebens ihren Höhepunkt entdecken.
# Hier können sie Ihre „Mess-Einheit“ einsetzen.
*Taizé ist ein kleines Dorf im burgundischen Hügelland. Seit mehr als 50 Jahren ist dieses Dorf interkontinaler Begegnungsort, weil dort eine Gemeinschaft von Menschen lebt, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, ein Zeichen generations- und konfessions-übergreifender Versöhnung zu setzen. Die Gemeinschaft lebt eine Art von christlichem Engagement, das für unser Leben beispielhaft und wegweisend sein kann – und wir begegnen Menschen aus den verschiedenen Kontinenten und erfahren etwas von ihren Lebensumständen.
Der oben abgebildete Blick in den Altarraum hat sich in seit 2017 verändert. Veränderungen weisen darauf hin, ‚auf dem Weg‘ zu sein. Die Gemeinschaft von Taizé versteht sich als ‚auf dem Weg sein‘ und widerstrebt jeder Form von äußerer Festlegung, die Freiheit in Verantwortung hindern kann. Die Veränderung lädt neu zur Reflexion beim Betrachten ein. Alle sind verändert gemeinsam auf dem Weg!
WAS DIE WELT VERÄNDERTE
Ein Symbol für Pfingsten ist das Feuer. Bildhaft wird geschildert, wie sich ‚Zungen von Feuer‘ auf die Menschen niederließen und diese sich über Sprachbarrieren hinweg ‚verstanden‘.
Feuer brennt und verbrennt. Feuer hinterlässt fruchtbare Asche, aus der Neues wachsen kann. Wir versammeln uns gern um das Feuer und schauen auf die nach oben lodernden Flammen. Wir wärmen uns an der Glut und manche haben das Feuer durch die Nacht ‚gehütet‘.
Entfachtes Feuer in den „Montanas del Fuego„, Lanzarote
Feuer ist auch Symbol für den lebendigen Geist in unserer Welt. Wir kennen ‚feurige Herzen‘ und ‚feurige Augen‘. Wir sprechen vom ‚Feuer unterm Hintern‘ und vom ‚Feuer im Blut‘. Immer meinen wir Lebendigkeit, eine nicht künstlich produzierte, sondern die wie ein Vulkan aus der Tiefe hervorbricht. Sie bewirkt Veränderung. Sie steckt an. Diese Lebendigkeit überwindet auch innere Sprachbarrieren.
1 Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort.
2 Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren.
3 Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.
4 Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.
5 In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.
6 Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden.
7 Sie gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden?
8 Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören? …
Apostelgeschichte 2, 1-8
Schaue einmal ganz bewusst ins Feuer.
Entzünde dir eines im Kamin oder draußen.
Oder schaue einfach in die Flamme einer brennenden Kerze.
Werde du selbst Flamme und spüre deine Lebendigkeit.
Was soll Asche werden?
Was soll sichtbar werden?