Genuss

Von | 13. Juli 2015

              20. Mai 2008

Anrede 1

„Ich bete es an!“

Diese euphorische Liebeserklärung aus vergangener Zeit erlebt eine Renaissance. Die Werbung hat zugegriffen. Das ‚Angebetete‘ ist ganz profan – Eis am Stiel.

Bei dieser Werbung bleibt mir das anfängliche Lachen im Halse stecken. Für mich ist das Wort ‚Anbetung‘ besetzt und hat in einer diesbezüglichen Werbung nichts zu suchen.

Dann aber sinne ich dem Werbe-Spot und meinem Protest nach ….

Wie ist das eigentlich mit der Anbetung? Als religiöser Begriff ist er nicht fremd. In der Eis-Werbung wird Genuss auf diese ‚andere‘ Ebene gebracht. Genuss ‚anbeten‘?

Und dann dieser gedankliche Schritt: Gott, ein Genuss? Gott anbeten aus Gründen des Genusses?

Ich ‚genieße‘, wenn ich in der Tiefe meines Seins Kontakt aufnehme: Dann genieße ich Musik; dann genieße ich ein Buch; dann genieße ich ein Kunstwerk …. und vielleicht ja auch ein Eis, denn auch Geschmack kann genussvolle Verbindungen knüpfen – etwa die zur sorglosen Kindheit.

Ich genieße Gott? Bestimmt dann, wenn ich ihn in der Tiefe meines Seins erfahre, denn dort bin ich in meinen Sehnsüchten nach Geborgenheit und Liebe erfüllt. So ist das Gebet ein Weg zum Genuss.


Beim Beten verlangt Gott weder außerordentliche Leistung noch übermenschliche Anstrengung. In der Geschichte der Christen haben viele Gläubige mit oft wortarmem Gebet aus den Quellen des Glaubens gelebt. Für meinen Teil beziehe ich mich gelegentlich auf ein Augustinuswort: ‚Es gibt eine Stimme des Herzens und eine Sprache des Herzens. Diese innere Stimme ist unser Gebet, so oft die Lippen verschlossen sind und unsere Seele offen vor Gott liegt. Wir verstummen, und unser Herz spricht. Nicht in die Ohren von Menschen, sondern zu Gott. Sei gewiss: Gott kann dich hören‘.
Frére Roger, Prior v. Taizé (†)


Ich komme gerade vom Katholikentag in Osnabrück. An vielen Stellen habe ich mit anderen in dieser Weise ‚genossen‘ – in der Stille, im Singen und Beten. Immer waren es Momente der Begegnung in der Tiefe – dort wo ‚Gott wohnt‘.

Solche Genuss-Erfahrung wünsche ich Euch.  

Euer

Anrede2

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