JAHRES-LOSUNG 2023
DU BIST EIN GOTT,
DER MICH SIEHT.
1. Buch Mose 16,13
Sieht da jemand wirklich auf mich? Sieht mich jemand in meiner Angst und Sorge? Sieht überhaupt jemand auf die verwirrende Gemengelage in dieser Zeit , die wir zwar – jeder für sich – zu verantworten haben. Dennoch überfordert, die vielen Herausforderungen zu bewältigen. Sieht jemand auf diese Hilflosigkeit? Es ist ein Schrei Schrei in die Leere, still ins Ich hinein oder laut in offene Aggression verpackt.
‚Du siehst mich nicht!‘. Das ist die jede Existenz bedrohende Feststellung. Alles ist in Frage gestellt. ‚Natürlich sehe ich dich und ich übersehe dich auch nicht‘,häufig reflexartige Entgegnung. Und gleichzeitig wird klar, dass mit dieser Feststellung viel mehr als Aufmerksamkeit gemeint sein könnte?
Das ‚Sehen-Können‘ gilt es größtes Geschenk des Lebens. Wer sich einmal bewusst in die Lebensbedingungen blinder oder erblindeter Menschen begeben konnte, erfährt die Unmittelbarkeit dieses Geschenkes.
Die diesjährige ‚Losung‘, das Leit-Wort für dieses Jahr,
DU BIST DER GOTT, DER MICH ANSCHAUT,
war schon beim Kirchentag 2017 in Berlin / Wittenberg Thema, mehr als Aufforderung zum Hingucken auf das große Geschenk des Sehens.
Tiefe Erkenntnis könnte sich entfalten, die wir in dieser Zeit, in diesem Jahr so dringend vor dem genannten Hintergrund von Forderungen, Überforderungen und Desorientierung brauchen.
Welcher Blick ist das? Ein fordernder, einer mit erhobenem Zeigefinger? Oder mehr und ganz anders!
Angesehen werden ist Beziehung! Jemanden ansehen und dabei sich selbst im Blick haben, entfaltet Ungeahntes und schafft Erkenntnis. Sich von ‚Gott‘ angesehen fühlen, bringt eine Sicht ins Spiel, die manche Ausweglosigkeit durchdringt und ist mehr als eine ‚Seh-Hilfe‘.
Es gibt eine Sehnsucht nach dem ‚Supervisorischen‘ Blick, der liebend durchschaut und dahinter schaut. Das ist die Art, wie ‚Gott‘ schaut:
Und nun spricht der Herr, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel:
Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen
gerufen; du bist mein!
Wenn du durch das Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht
ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme
soll dich nicht versengen. Denn ich bin der Herr, dein Gott, der Heilige Israels, dein
Heiland. Ich habe Ägypten für dich als Lösegeld gegeben, Kusch und Seba an deiner
Statt, weil du in meinen Augen so wert geachtet und auch herrlich bist und weil ich
dich liebhabe.
Jesaja 43, 1ff
Wenn dieser Blick Teil einer Begegnung wird, kann Befreiung aus der in die Enge getriebener Wahrnehmung werden. Für viele – auch für mich – ist das konkrete Erfahrung im Gebet.
Eine Konsequenz dieses korrespondierenden Blickes ist, die eigene Wirklichkeit schonungslos zu benennen. ‚Klage‘ öffnet den Blick auf Möglichkeiten und öffnet Auswege! Solche Situationen können Menschen häufig sehr konkret verorten. Daraus entsteht eine ‚Erzähl-Kultur‘ mit heilenden und tröstenden Aspekten.
Sie bietet die Chance, sich der tiefen Sehnsucht, so angesehen zu sein, bewusst zu werden. Quellende Fülle mit überraschenden Entdeckungen bricht auf.
Wir leben mit unberechenbaren Despoten. Von Erfahrungen mit dem ‚heilenden Blick‘ kommend, werden wir Hass nicht mit Hass beantworten. Dann wird die Logik des Herzens frei (Pascal). Hoffnungslosigkeit werden wir keine Tür öffnen, damit Versöhnung einziehen kann.
Unsere in dieser Zeit gewachsene Sensibilität für Diversität und Vielartigkeit- und Vielgestalt von Lebendigkeit darf den ‚heilenden Blick‘ auch gern als den liebenden Blick des ‚queeren‘ Gott verstehen!
Ich wünsche gute Erfahrungen mit dem ‚heilenden Blick‘ auf sich selbst und den auf andere!
Wie oben erwähnt, war das diesjährige Leitwort
auch Thema des ökumenischen Kirchentages Berlin/Wittenberg 2017
Wer Impulse
aus den damals zu hörenden und zu erlebenden biblischen Texten nachlesen möchte ….