Meinungs-Verantwortung ist ‚heilig‘
Einige Vorgaben zum Thema …
Die Zunge des Menschen ist wie ein scharfes Messer. Im 52. Psalm heißt es:
4 Du Ränkeschmied, du planst Verderben; deine Zunge gleicht einem scharfen Messer.
5 Du liebst das Böse mehr als das Gute und Lüge mehr als wahrhaftige Rede.
6 Du liebst lauter verderbliche Worte, du tückische Zunge.
An vielen Stellen wird die ‚Zunge‘ als ‚Quelle des Bösen‘ gebrandmarkt und entsprechend sucht die Not nach ‚Antworten‘. So heißt es in Psalm 12:
2 Hilf doch, o Herr, die Frommen schwinden dahin, unter den Menschen gibt es keine Treue mehr.
3 Sie lügen einander an, einer den andern, mit falscher Zunge und zwiespältigem Herzen reden sie.
4 Der Herr vertilge alle falschen Zungen, jede Zunge, die vermessen redet.
Später als die Entstehung der Psalmen ist uns die folgende Einlassung überliefert. Ein leiblicher Bruder Jesu, Jakobus nimmt in einem Brief die ‚alten‘ Gedanken auf und aktualisiert sie.
5 So ist auch die Zunge nur ein kleines Körperglied und rühmt sich doch großer Dinge. Und wie klein kann ein Feuer sein, das einen großen Wald in Brand steckt.
6 Auch die Zunge ist ein Feuer, eine Welt voll Ungerechtigkeit. Die Zunge ist der Teil, der den ganzen Menschen verdirbt und das Rad des Lebens in Brand setzt; sie selbst aber ist von der Hölle in Brand gesetzt.
7 Denn jede Art von Tieren, auf dem Land und in der Luft, was am Boden kriecht und was im Meer schwimmt, lässt sich zähmen und ist vom Menschen auch gezähmt worden;
8 doch die Zunge kann kein Mensch zähmen, dieses ruhelose Übel, voll von tödlichem Gift.
Brief des Jakobus, 3,5-8
Geforderte und immer wieder in Erinnerung gebrachte ‚Meinungs-Freiheit‘ ist für unser Demokratieverständnis unabdingbares Kriterium. Vor dem Hintergrund zwar vergangener, aber erlebter rechter und linker Diktatur in unserem Land mit den schlimmen Bespitzelungen, Verhaftungen und Hinrichtungen ist das mehr als verständlich. Meinungsfreiheit gilt als hohes Gut. Das ist gut so und ist unbedingt zu verteidigen! Freie Meinung in Verbindung mit der heute möglichen blitzschnellen Verbreitung weist Meinungs-Diktaturen in ihre Schranken, wie die jüngsten Ereignisse in der arabischen Welt zeigen.
Entdeckt in Vensac / Frankreich
Meinungsfreiheit aber ist keine absolute Freiheit. Sie hat einen ‚Orientierungs-Rahmen‘. Meinungsfreiheit ist Ausdruck von Autonomie und diese kennt den Bezugsrahmen ‚Verantwortung‘ und Respekt. Meinungsfreiheit ohne solche Verantwortung neigt zur Anarchie.
Verantwortung wiederum kann nur in einer ‚Werte-Bindung‘ gedeihen. Verantwortung ereignet sich in der ‚Antwort‘ auf eine ‚Stimme‘. Wir nennen sie ‚Stimme des Gewissens‘, in der spirituellen Sprache nennen wie sie ‚Stimme Gottes‘.
Meinungsfreiheit ohne ‚Bindung‘ in diesem Sinne wird zum Instrument der Verletzung, der Diskriminierung, des ‚Tötens‘ in weitestem Sinne. Unsere Rechtsprechung kennt Straftatbestände des ‚Rufmords‘, der ‚üblen Nachrede‘, der ‚Verleumdung, der ‚Beleidigung‘.
Geforderte uneingeschränkte Meinungs-Freiheit kann schnell zur Meinungs-Diktatur werden. Uneingeschränkte Meinungsfreiheit wird zu einem ‚Totschlag-Argument‘ gegen Einsprüche aus ‚Verantwortung‘.
Der schon oben erwähnte Jakobus schreibt weiter
14 Wenn aber euer Herz voll ist von bitterer Eifersucht und von Ehrgeiz, dann prahlt nicht, und verfälscht nicht die Wahrheit!
15 Das ist nicht die Weisheit, die von oben kommt, sondern eine irdische, eigennützige, teuflische Weisheit.
16 Wo nämlich Eifersucht und Ehrgeiz herrschen, da gibt es Unordnung und böse Taten jeder Art.
17 Doch die Weisheit von oben ist erstens heilig, sodann friedlich, freundlich, gehorsam, voll Erbarmen und reich an guten Früchten, sie ist unparteiisch, sie heuchelt nicht.
18 Wo Frieden herrscht, wird (von Gott) für die Menschen, die Frieden stiften, die Saat der Gerechtigkeit ausgestreut.
Brief des Jakobus 3,14-18
Beängstigende Entwicklungen aus ‚ungebundener‘ Meinungsfreiheit produzieren ‚Unheil(iges)‘. Meinungsfreiheit kann sich nur konstruktiv entfalten und ‚heilig‘ werden, wenn sie sich an die ‚Weisheit von oben‘ bindet.
Der Terror von Paris
… Ja, ‚Charlie Hebdo‘ hat den Propheten beleidigt.
Aber auch Christen und Juden stockt häufig der Atem, denn die Verspottung des Religiösen zieht sich seit Jahrzehnten
durch die Tradition von ‚Charlie Hebdo‘ und seines ebenso anarchistischen Vorgängerblattes ,Harakiri‘.
Doch in einer freien Gesellschaft gehört selbst verletzende Respektiosigkeit zur Meinungsfreiheit.
Die -weiten –Grenzen ziehen Gesetze, Richter und verantwortungsvoll handelnde Journalisten selbst.
Der Terror von Paris kann nicht mit Werten des Islam begründet werden, ja er tritt diese Religion mit Füßen. …
Aus dem Editorial Deutschlandradio Februar 2015