SINTFLUTARTIGER REGEN
HAT ALLES WEGGERISSEN
UND MENSCHEN VERLOREN IHR LEBEN
‚Unsere Sprache kann nicht ausdrücken, was sich an Angst und Verzweiflung angesichts der sintflutartigen Überschwemmungen ‚auftürmt‘ höre ich jemanden im Radio aussprechen. Ja, wohin mit sich und den Bildern unfassbaren Geschehens? Wo anfangen, wenn die Sprache fehlt?
2 Hilf mir, o Gott!
Schon reicht mir das Wasser bis an die Kehle.
3 Ich bin in tiefem Schlamm versunken
und habe keinen Halt mehr; ich geriet in tiefes Wasser,
die Strömung reißt mich fort.
4 Ich bin müde vom Rufen,
meine Kehle ist heiser, mir versagen die Augen,
während ich warte auf meinen Gott.
Es folgt der Versuch, das Unerklärbare in den Zusammenhang
mit Scheitern und Versagen im Leben überhaupt zu bringen und einmal mehr zu ‚versinken‘.
Gott, du kennst meine Torheit,
meine Verfehlungen sind dir nicht verborgen.
Dann die Hinwendung zur Instanz, die bewahrt.
15 Entreiß mich dem Sumpf,
damit ich nicht versinke. Zieh mich heraus aus dem Verderben,
aus dem tiefen Wasser!
16 Lass nicht zu, dass die Flut mich überschwemmt,
die Tiefe mich verschlingt,
der Brunnenschacht über mir seinen Rachen schließt.
17 Erhöre mich, Herr, in deiner Huld und Güte,
wende dich mir zu in deinem großen Erbarmen!
18 Verbirg nicht dein Gesicht vor deinem Knecht;
denn mir ist angst. Erhöre mich bald!
19 Sei mir nah und erlöse mich!
Aus Psalm 69
Der Hilferuf braucht einen Adressaten. Gott? Ist denn diese ‚Instanz‘ Gott überhaupt da? Da wäre ja auch nur zurückzugreifen, auf Überliefertes.
Alles vergehet, Gott aber stehet ohn alles Wanken;
seine Gedanken, sein Wort und Wille hat ewigen Grund.
Sein Heil und Gnaden, die nehmen nicht Schaden,
heilen im Herzen die tödlichen Schmerzen,
halten uns zeitlich und ewig gesund.
Diese Gewissheit schrieb Paul Gerhardt mitten in der Zeit des 30jährigen Krieges.
Nein, die weggerissenen Wohnstätten sind in Schlamm und Erdrutschen versunken. Die Ertrunkenen bleiben ertrunken. Wissenschaftliche Erklärungen helfen nicht wirklich aus diesem Unerträglichen; nicht einmal der Verweis auf frühe Belastung des Klimas. Das wird eher als zynisch empfunden.
Einen Hinweis erlebe ich allerdings als Weisung. In der hebräischen Sprache ist der Begriff für ‚Kehle‘ und ‚Seele‘ der gleiche. ‚Schon reicht mir das Wasser bis an die Kehle‘ sagt auch ‚Die Angst steht mir bis an die Seele‘. Manche Gerettete bringen genau das auf den Punkt: Ich habe alles verloren, selbst geliebte Menschen, aber ich lebe!‘
Jetzt tritt die helfende ‚Seelen‘-Gemeinschaft auf den Plan. Wieder greift die oft beschworene Solidarität ein. Dankbarkeit gestaltet! Erstaunen und Tränen in den Augen angesichts solchen Einsatzes.
Der hat sich sich aus geballter Sorge, erlebter Hilflosigkeit einerseits entwickelt und dem Bewusstsein, ‚Heil und Gnaden, die nehmen nicht Schaden, heilen im Herzen die tödlichen Schmerzen‚ andererseits.
Die häufig gestellte Frage, wo denn Gott angesichts dieser unvorstellbaren Not sei, kennt diese Antwort: Hier in dieser ‚Seelen‘-Gemeinschaft gegenwärtig, handelnd vor Ort und begleitend, wo auch immer! ‚Gott hat mich hier hingestellt und ich tue im Vertrauen, was ich kann‘, ist ein Bekenntnis aus der ‚Seelen-Gemeinschaft‘ … ‚Ich bewundere diesen Einsatz und noch mehr bewundere ich die Aussage: Ich fühle mich sehr glücklich dabei‘, sagt ein dankbarer Betroffener. Ja, eine so verstandene ‚Gottes-Präsenz‘ macht glücklich!
Und was der Beter Hände tun,
geschieht nach seinem Rat.
Jochen Klepper.
Wer diese meine Worte hört und danach handelt,
ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute.
Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heran fluteten,
als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten,
da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut.
Matthäus 7, 24-25
Und es bleibt das Vordergründige: ‚Ich verstehe das nicht‘. Und es bleibt das Hintergründige: ‚Amen‘ – So ist es.
Vor allem werden wir immer wieder gemeinsam entdecken müssen, was unsere Seele schützt, welches nicht weg zu reißende Fundament sie braucht, um nicht zu verzweifeln sondern handlungsfähig zu bleiben, besonders in den Herausforderungen des Lebens.
Diese Erinnerung habe ich heute erhalten:
Außer Acht lassen sollten wir aber auch nicht, dass diese ‚Naturkatastrophe‘ nicht nur eine Folge höherer Gewalt durch das Wetter ist, sondern die Folge menschlichen Umgangs mit der Natur und Umwelt u.a. durch Versiegelung von Flächen, Begradigung von Flussläufen und dem maßlosen Anspruch des Menschen, seine Bedürfnisse voran zu stellen. Umdenken ist ein notwendiger Teil von Buße – überall.