ERSTER BRIEF AUS DER OASE
Taizé, 22.Oktober 2007
Ich bin in Taizé. Über vierzig Jahre ist Taizé in Frankreich für mich zu einer „Oase“ geworden. Vor vierzig Jahren fuhr ich erstmals mit Jugendlichen in dieses Dorf im burgundischen Land. Ich kann in dieser Oase immer wieder neu mein Leben betrachten und erhalte aus Stille, Gebet und Begegnung Anstöße.
Könnt ihr warten? Neulich habe ich von einer Studie gelesen, nach der wir einen überraschend großen Teil unserer Lebenszeit mit ‚Warten‘ verbringen. Wir warten auf den Zug, Wir warten auf Ergebnisse nach vollbrachter Leistung, wir warten auf gutes Wetter, wir warten in der Schlange vor der Kasse, wir warten auf die Ankunft eines Menschen, wir warten, warten, warten …
An einer Ampel sah ich jemanden im Lauftraining in der Stadt, der auf grünes Licht an der Fußgängerampel wartend wie hüpfend in Bewegung blieb. Ein Bild für das häufig ungeduldige Warten.
Warten hat mit Geduld zu tun. Manchmal ist das Warten auf die Erfüllung einer Sehnsucht unerträglich! Dennoch: Mit einem klaren Ziel vor Augen ist Warten anders als ziellos zu warten. Es gilt, die Richtung zu halten. Warten hat also auch mit Entscheidung zu tun.
Anstoß zum Nach-Denken …
In den Verkehrsnachrichten wird stereotyp dieser Hinweis gegeben:
‚Zur Zeit …….. Kilometer Stau – Sie haben Zeitverlust ……… Minuten‘.
Warten ist nach vorn gerichtet und die Erfüllung ist das ‚Jetzt‘! Das ‚Vorher‘ ist für den Wartenden in den Dank gebettet. Nur im Dank wird die Vergangenheit zum Geschenk und die Gegenwart zur ‚Erfüllung‘.
In Taizé beschäftigte uns dieser Text vom ‚Warten.
Damals lebte in Jerusalem ein Mann namens Simeon. Er war fromm, hielt sich treu an Gottes Gesetz und wartete auf die Rettung Israels. Er war vom Geist Gottes erfüllt, und der hatte ihm die Gewissheit gegeben, er werde nicht sterben, bevor er den von Gott versprochenen Retter mit eigenen Augen gesehen habe.
Simeon folgte einer Eingebung des Heiligen Geistes und ging in den Tempel. Als die Eltern das Kind Jesus dorthin brachten und es Gott weihen wollten, wie es nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind auf die Arme, pries Gott und sagte: “Herr, nun kann ich in Frieden sterben, denn du hast dein Versprechen eingelöst!
Lukas-Evangelium 2, 15-29
Warten auf die Entfaltung
Nur warten und ’stehen bleiben‘ (das Wort ‚Stille‘ kommt von ’stehen‘!) sind die einzige Voraussetzung, um von ‚Gott‘ gefunden zu werden. Von ‚Gott‘ gefunden zu werden, ist tiefste Sehnsucht aller Menschen, die sich allerdings unterschiedlich in Worten und Haltung ausdrückt.
In diesem Warten müssen wir nichts tun! Nur in unserer Besorgnis, laufen wir unruhig hin und her.
‚Mache dir die Zeit zum Freund‘, höre ich. ‚Dann läuft sie dir nicht weg‘ und: ‚Sie birgt die Überraschung Gottes für dich‘. Und schließlich diese Empfehlung: ‚Nimm dir 15 Minuten Zeit. Sei einfach und absichtslos da, sei still und … warte‘.
Herzlich grüßt Euch der auch „wartende“
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